

„Hilfe im Fokus“ – Bundesweite Tagung für Blinden- und Sehbehindertenpädagog*innen am BBI Wien
Auch in diesem Jahr wurde die bundesweite Tagung für Blinden- und Sehbehindertenpädagog*innen wieder erfolgreich von der Abteilung für Inklusion und Lehrmittel am BBI-Wien in Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Hochschule Wien organisiert. Unter dem Motto „Hilfe im Fokus“ versammelten sich knapp 140 Teilnehmer*innen aus allen Bundesländern – ein klares Zeichen für die Relevanz und Bedeutung dieser Veranstaltung für die Weiterentwicklung der österreichischen Blindenpädagogik.
Dankbar waren wir über die Unterstützung von Hilfsmittelfirmen, die mit ihrer Expertise den fachlichen Austausch bereicherten. Ein herzlicher Dank gilt der Firma VIDEBIS, die nicht nur einen Vortrag und drei praxisnahe Workshops gestaltete, sondern auch ihre Räumlichkeiten für die Tagung zur Verfügung stellte. Ebenso danken wir der Firma Sehkreis, die mit einem Workshop zur Vielfalt des Angebots beitrug.
Im Zentrum der Tagung stand wie immer die österreichweite Vernetzung von Pädagog*innen. In den Pausen und beim „Come Together“ bot ein liebevoll gestaltetes Buffet reichlich Gelegenheit zum persönlichen Austausch und zur Festigung professioneller Kontakte.
Ein vielfältiges Workshop-Angebot ermöglichte es den Teilnehmenden, selbst aktiv zu werden: Themen reichten von neu entwickelten Lehrmitteln für den Volksschulbereich über den Einsatz von Braillezeilen und Screenreader-Software bis hin zum Erstellen von Braillenotenschrift mithilfe digitaler Werkzeuge. Die Workshops luden zum Mitdenken, Mitmachen und gemeinsamen Weiterentwickeln ein.
Wir sind dankbar für das viele positive Echo, das wir bereits erhalten durften – es motiviert uns weiterzumachen!
Die vier Keynotes wurden aufgezeichnet und stehen nun online zur Verfügung – weiterführende Informationen zu deren Inhalten finden Sie hier:
V1: Rechte für Menschen mit Behinderungen – Einblicke von Yasemin Acur
Die ehemalige Schülerin des BBI, Yasemin Acur, gewährte in ihrem Vortrag fundierte Einblicke in die rechtliche Situation von Menschen mit Behinderungen. Basierend auf ihrem aktuellen Studium der Rechtswissenschaften beleuchtete sie praxisnah, was unter Diskriminierung zu verstehen ist, in welchen Fällen sie vorliegt und welche rechtlichen Möglichkeiten Betroffene, aber auch Pädagog*innen von Betroffenen, haben, dagegen vorzugehen.
Besonders wertvoll waren ihre Hinweise auf konkrete Anlaufstellen und rechtliche Wege, um etwa mangelnde Barrierefreiheit, nicht zugängliche Lernsoftware oder andere alltägliche Hürden sichtbar zu machen und aktiv zu adressieren. Mit ihrer fachlichen Kompetenz und ihren eigenen Erfahrungen gelang es ihr, juristische Inhalte verständlich und alltagsrelevant zu vermitteln.
V2: Wie alltagsrelevant ist CVI? – Dr.in Hildegard Gruber
Frau Dr.in Hildegard Gruber veranschaulichte die Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen mit CVI (Cerebral Visual Impairment). In ihrem Vortrag sensibilisierte sie uns Pädagog*innen dafür, den Blick auf die Möglichkeiten und Potenziale dieser Schüler*innen zu richten – statt auf vermeintliche Defizite, die sich aus ihrer besonderen Wahrnehmung ergeben.
Anhand zahlreicher praxisnaher Beispiele verdeutlichte sie, wie entscheidend das Wissen um CVI für eine angemessene pädagogische und diagnostische Einschätzung ist. Ihre langjährige Erfahrung als Augenärztin und ihr unermüdliches Engagement im Bereich CVI machen sie zu einer authentischen und engagierten Fürsprecherin für betroffene Kinder. Auch nach vielen Jahren intensiver Auseinandersetzung mit dem Thema tritt Frau Dr.in Gruber mit beeindruckender Leidenschaft als „Anwältin“ für diese oft übersehenen Gruppe auf – und erinnerte uns daran, wie wichtig fachliches Verständnis und Empathie im schulischen Alltag sind.
V3: „Vom Landjungen zum Geschäftsführer“ – Christian Zehetgruber
Warum muss ein Mensch mit Behinderung so oft als Erstes einmal beweisen, dass er nicht unfähig oder dumm ist, bevor er in seiner Kompetenz wahr- und ernst genommen wird?
Immer wieder mit Aussagen wie „Das schaffst du nicht“ oder „Mit deiner Sehbehinderung ist das unmöglich“ konfrontiert, entwickelte er früh die Entschlossenheit, es allen zu beweisen – mit Erfolg.
Christian Zehetgruber gewährte den Teilnehmenden einen eindrucksvollen und gleichzeitig humorvollen Rückblick auf seinen persönlichen und beruflichen Werdegang.
Sein Lebensweg war geprägt von Herausforderungen, Vorurteilen und Rückschlägen – doch ebenso von Beharrlichkeit, Zielstrebigkeit und dem festen Glauben an die eigenen Fähigkeiten. Für uns Pädagog*innen war dieser Beitrag nicht nur inspirierend, sondern auch ermutigend.
Er bestärkt uns, auf das Potenzial unserer Schüler*innen zu blicken und dieses auch gegen Widerstände zu fördern und zu unterstützen.
V4: „Tactonom Reader“ – Klaus-Peter Hars
Ist der Tactonom Reader lediglich ein weiteres technisches Hilfsmittel – oder ein echter Gamechanger im Unterricht mit Schüler*innen mit Blindheit?
Klaus-Peter Hars, der mit seinem Bruder seit über zwanzig Jahren an diesem innovativen Projekt arbeitet, konnte diese Frage beantworten.
Der Tactonom Reader ermöglicht Menschen mit Blindheit ein selbstständiges, maschinenbegleitendes Lernen mit taktilen Grafiken. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig – von spielerisch gestalteten Mathematik-Lernspielen über das Erforschen von Landkarten bis hin zum eigenständigen Erforschen des Periodensystems der Elemente.
Ein zentrales Element neben der ausgeklügelten Hardware ist die cloudbasierte Softwarelösung. Über die frei zugängliche Plattform problind.org stehen bereits über 2000 taktile Grafiken zur Verfügung. Besonders überzeugend ist dabei die einfache Anpassbarkeit vorhandener Materialien sowie die Möglichkeit, neue Grafiken mit wenigen Schritten hochzuladen – barrierefrei und für alle zugänglich.
Klaus-Peter Hars präsentierte das System mit großem Engagement und warb eindrucksvoll für die aktive Beteiligung an der Weiterentwicklung des Projekts. Der Tactonom Reader lebt von der Community – und ist dabei, das Lernen für Menschen mit Blindheit nachhaltig zu verändern.
Einige Eindrücke zur Tagung „Hilfe im Fokus“:
Aula – Pausen-Buffet
Teilnehmer*innen bedienen sich in den Pausen am Buffet und nutzen die Zeit um sich auszutauschen.
Vortrag V4 (1/2)
V4: Der Einfluss des Tactonom Readers auf die Bildungschancen von Schüler*innen mit Blindheit – Erasmus Project“
Workshop W1 (1/2)
W1 „Adaptierung von Unterrichtsmaterial für abwechslungsreichen gemeinsamen VS-Unterricht“ – Doris Friedl und Daniela Kramesch
Workshop W5 (1/3)
W5 „Der Einfluss des Tactonom Readers auf die Bildungschancen von Schüler*innen mit Blindheit“ – Hars, Pichler, Zehetgruber
Workshop W9 (1/2)
W9 „Pädagogische Empfehlungen für Schüler*innen mit CVI“ – Gerti Jaritz, BEd, Dr. in Hildegard Gruber, Mag. a Birgit Schloffer